Abschlussbericht PPP 2008/09

„Ein Freund zu Gast in der Welt“ - Unter diesem Motto stand mein gesamtes Austauschjahr in den Vereinigten Staaten von Amerika im Rahmen des Parlamentarischen Patenschaftsprogramm 2008/09 des Deutschen Bundestages. Mit diesem Leitmotiv habe ich mich bereits für das Stipendium beworben und es hat mich seitdem durchweg begleitet. Auch nachdem ich wieder in Deutschland bin, lebt der Kern dieses Satzes darin weiter, dass ich die vielen positiven Erfahrungen die ich in der Welt gemacht habe wieder mit in meine Heimat nehmen konnte und als der „Freund“ wieder zurückgekommen bin, der am 7. August 2008 ins Land der unbegrenzten Möglichkeiten aufgebrochen ist.
Angefangen hat mein kleines Abenteuer bereits auf dem einwöchigen Vorbereitungsseminar von Experiment e. V. im Mai 2008 in Bad Bevensen. Dort traf ich zum ersten Mal die Jugendlichen, die nur wenige Monate später gemeinsam mit mir dieses Abenteuer auf sich nehmen würden. Uns vereinten die gleichen Ängste, Erwartungen, Ziele und Hoffnungen. Unsere Aufgabe als „nationale Botschafter“ hatte bereits hier begonnen, denn wir kamen alle aus den verschiedensten Wahlkreisen in Deutschland, was nicht zuletzt auch durch sprachliche und kulturelle Verschiedenheiten ausgedrückt wurde.
Zwei Monate später trafen wir uns dann alle gemeinsam am Flughafen von Frankfurt wieder. Der Tag, auf den wir uns seit fast einem ganzen Jahr vorbereitet und darauf gewartet hatten, war endlich gekommen. Nachdem wir in Washington, D.C. gelandet waren blieben uns nur knapp zwei Tage, bis wir uns entgültig „Goodbye“ sagen mussten - zumindest für das nächste Jahr, dass nun vor uns stand.
Meine Reise ging weiter in die Kleinstadt North Canton im Bundestaat Ohio. Dort begann das schönste, aufregendste und vor allem lehrreichste Jahr meines Lebens. Gastfamilie Brady wartete bereits am Flughafen, um mich in Empfang zu nehmen und mir mein neues Zuhause zu zeigen. Gemeinsam mit meinen Gasteltern Pamela und Paul und deren beiden Söhnen Patrick und Christopher wurde ich ein vollständiger Teil des Familienlebens.
Sehr viel ist seitdem in meinem Leben geschehen. Ich habe unzählige neue Freunde und Bekannte kennengelernt, bin viel mit meiner Gastfamilie in den USA gereist, aber bin mir vor allem persönlich sehr viel näher gekommen und habe viele Werte und Ansichten zu schätzen gelernt, die mir zuvor verschlossen waren.
Besonders geprägt hat mich der US-Präsidentschaftswahlkampf 2008. Mit großem Interesse habe ich das Rennen der beiden Kandidaten Barack Obama und John McCain um das mächtigste Amt der Welt hautnah verfolgt. Besonders in diesem Zusammenhang bekam ich die Gelegenheit Deutschland zu repräsentieren und Parallelen aber auch Gegensätze in Politik und Gesellschaft herauszustellen. Ich selber war als Wahlhelfer eine kurze Zeit für Barack Obama ehrenamtlich tätig. Die Wahlen waren neben der Finanzkrise das wohl bedeutendste Thema während meinem gesamten Auslandsjahr. Anders als in Deutschland konnte ich erfreulicher Weise ein deutlich vermehrtes Interesse an Politik unter den Jugendlichen feststellen. Auch hier war es mit besonders wichtig, voll und ganz mit in die Diskussionen einzusteigen und die Bundesrepublik zu vertreten. Denn dieser Wahlkampf war bedingt durch die Krise nicht nur wichtig für die USA selber, sondern auch für die restliche Welt.
Vor allem in der Schule, aber auch außerhalb in der Kirche und Kommune, wurde ich ununterbrochen mit interessierten „Deutschland-Fragen“ überhäuft. Vieles was für die Deutschen beziehungsweise die Europäer selbstverständlich ist, wird von den meisten Amerikanern mit Staunen und Bewundern entgegenommen. Zum Beispiel war es den meisten meiner Mitschüler fremd, dass es in Deutschland öffentliche Personenzüge, Straßenbahnen und Busse gibt. Viele Leute in Amerika jedoch haben noch nie in ihrem Leben einen Zug gesehen. Aber auch für mich war zunächst einmal einiges fremd, was dort ganz normal ist. Es ging so weit, dass ich von Schülern und Lehrern auf meiner High School gebeten wurde, Vorträge über Deutschland zu halten. Über das Jahr hinweg habe ich so einem großen Teil meiner Schule ein vielleicht anderes Bild von Deutschland gegeben, als wie sie es aus dem Geschichtsunterricht kennen. Doch auch die deutsche Geschichte habe ich gezielt versucht den Schülerinnen und Schülern näher zu bringen.
Meine persönlicher Höhepunkt in diesem Jahr waren mit Sicherheit die Fußball- und Leichtathletiksession. Als Mitglied des Schulteams meiner High School konnte ich auch hier wieder beweisen, dass alle Menschen dieser Welt, egal welcher Herkunft, Hautfarbe oder Religion eines gemeinsam haben das alle Grenzen überschreitet - den Sport!
Alles in allem waren die Erfahrungen die ich in den vergangenen elf Monaten gemacht habe lehrreich, aufregend und unersetzlich. An dieser Stelle möchte ich allen von ganzem Herzen danken, die dieses Jahr für mich erst möglich gemacht haben und mir die ganze Zeit zur Seite standen: Meinem Bundestagsabgeordneten Wilhelm Josef Sebastian, MdB stellvertretend für den Deutschen Bundestag, den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern von Experiment e. V., und der amerikanischen Partnerorganisation CIEE für die Hilfe und Unterstützung, aber nicht zuletzt auch den unzähligen Menschen, die mich während dem Jahr geprägt haben. Vielen Dank!
Abschließend hoffe ich, dass auch in Zukunft viele junge Leute aus Deutschland die Möglichkeit bekommen, im Rahmen des Stipendiums als junge Botschafter in die Vereinigten Staaten von Amerika gehen können, um die Grenzen, die uns trennen zu überbrücken und Freundschaften in der Welt schließen zu können. Ganz besonders in den Zeiten der Globalisierung und der Wirtschaftskrise, wenn die ganze Welt näher rückt und gemeinsam versucht Lösungen zu finden, halte ich es besonders wichtig Brücken zu bauen!

Time to say Goodbye

So langsam – oder besser gesagt schnell, denn mir rennt hier die Zeit davon – neigt sich mein Auslandsjahr in den Vereinigten Staaten einem Ende zu. Über elf Monate lebte ich nun in meiner Gastfamilie am anderen Ende der Erde. Wenn ich auf die Zeit zurück blicke, sehe ich, durch wie viele Höhen und Tiefen ich während dem Jahr gegangen bin.
Nicht alles war immer einfach und viele Bergen standen vor mir, die bestiegen werden mussten. Unter den vielen Erwartungen und Hoffnungen die ich mit hierher brachte, waren auch viele Ängste und Befürchtungen: Werde ich mit meinem Englisch in der Schule mithalten können? Wie wird das Verhältnis zu meiner Gastfamilie sein? Werde ich von meinen Mitschülern angenommen und akzeptiert? Um ganz ehrlich zu sein ist sind hier alle verrückt geworden und haben gelacht über meine ganzen Sorgen, die ich mitbrachte: Die Schule stellte sich als ziemlich einfach heraus, meine Gastfamilie ist die beste, die ich mir hätte vorstellen können und von meinen Mitschülern wurde ich mehr als nur akzeptiert, ja ich war regelrecht ein Teil der ganzen Schule.
Dennoch bleiben einige Ängste bestehen, denn oft war ich auch sehr allein und herrausgefordert in manchen Situationen. Mit vielen Einstellungen der Amerikaner viel es mir sehr schwer zuzustimmen, dennoch musste ich mich als Ausländer den Gegebenheiten hier anpassen, was gar nicht so einfach erscheint, wenn es erst einmal darauf ankommt.
Wenn ich mich beschreiben sollte wie sehr ich mich seit dem 07. August 2008 verändert habe, dann würde ich sagen, dass vor allem mein Glaube gefestigt wurde. Die Erlebnisse und Erfahrungen die ich in der Kirche und mit den Menschen drumherum gemacht habe, gaben mir ein ganz anderes Bild von mir selber; meiner Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. Auf der anderen Seite habe ich auch die deutschen Tugenden sehr zu schätzen gelernt.
Eine der meisten Fragen die mir gestellt wurden, bezog sich auf die die Universitätskosten in Deutschland. Während sich viele über die Studiengebühren beschweren, lachen die meisten Amerikaner über die 500 Euro die wir pro Semester bezahlen in einigen Bundesländern müssen. In den USA fangen die Kosten für ein College bei 20.000 Euro pro Jahr an. Gute Universitäten verlangen sogar bis zu 80.000 Euro pro Jahr. Auch eine Autobahn oder zumindest öffentliche Verkehrmittel wünschen sich die meisten hier sehr dringend. Auch wenn die Eisenbahn in Amerika erfunden wurde, einen Zug kennen die meisten Schüler auf meiner High School nur aus dem Bilderbuch.
Wenn auch ich in den elf Monaten kein einziges Mal Heimweh bekommen habe, fehlt mir doch ein gutes Frühstück mit normalen Butterbrot mit Käse und Salami.
Das Jahr war natürlich auch überschattet von den US-Präsidentschaftswahlen und der globalen Finanz- und Wirtschaftskrise. Barack Obama gilt als Zeichen der Hoffnung und des Wechsels. Jeden Tag erreichen uns alle neue Nachrichten von Firmen die Insolvenz anmelden müssen und von Unternehmen, die Arbeitsplätze abbauen. Uns allen bleibt jedoch die Hoffnung auf eine bessere Welt, wenn der Berg der vor uns steht erst einmal überwunden ist und jeder eine Chance bekommt ganz von vorne zu starten.
Auch ich werde meine Rückkehr in gewisser Weise als Neuanfang nehmen. Ein Neuanfang mit dem Alten, dass mir Vertraut ist, den Erfahrungen die ich gemacht habe, und die Perspektiven und Standpunkte die ich erlebt habe.
„Be the chance you wish to see in the world”, sagte Mahatma Gandhi einst. “Sei der Wechsel, den du dir wünscht in der Welt zu sehen.“
Meine letzten Tage hier verbringe ich mit meinen Freunden und meiner Gastfamilie. Letzte Woche fuhr ich zu den Niagara Fällen in New York State und Kanada: Ein atemberaubendes Naturschauspiel, dass jedoch noch einmal ernsthaft über das Verschwenden und die Verschmutzung unseres Planeten nachdenken lies...
Abschließend möchte ich nocheinmal allen danken die dieses Jahr für mich möglich gemacht haben. Allen vorweg meinen Eltern, die mich die ganze Zeit unterstützt haben, meinen Brüdern, Großeltern, Verwandten, Lehrern, und unserem Bundestagsabgeordneten Wilhelm Josef Sebastian, MdB. Vielen Dank für alles!